Entsorgungsengpässe drohen
Die branchenführenden Verbände der Recycling-, Sekundärrohstoff- und Entsorgungsbranche weisen den Leitfaden „Einstufung von Abfällen gemäß Anhang I der Störfall-Verordnung – KAS 25“ entschieden zurück. Der Gedanke einer ressourcengenerierenden Kreislaufwirtschaft werde mit diesem Leitfaden völlig konterkariert.
In einem Schreiben an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit üben die Verbände aber nicht nur grundsätzliche Kritik an den praxisfernen inhaltlichen Vorgaben, sondern zweifeln auch daran, dass der Leitfaden überhaupt rechtmäßig zustande gekommen ist. So fehlt es nach ihrer Meinung schon an der Zuständigkeit der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), einen solchen Leitfaden zu erstellen. Die Verbände fordern das Bundesumweltministerium deshalb dringend auf, die Nichtigkeit des Beschlusses der KAS zum Leitfaden Nr. 25 festzustellen.
Die Verbände bvse – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V., BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V, VDM – Verband Deutscher Metallhändler e. V., Baustoff Recycling Bayern e.V., BAV – Bundesverband der Altholzaufbereiter und -verwerter e. V., BVA – Bundesverband Altöl e. V. und der VHI – Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e. V. wehren sich dagegen, dass der neue Leitfaden bei seiner Anwendung auf gefährliche Abfälle die Tätigkeiten der Entsorgungs- und Recyclingbetriebe ohne vernünftigen Grund erheblich einschränkt.
Der Leitfaden mache nichts besser und erst recht nichts sicherer, führe aber dazu, dass zahlreiche Recyclingbetriebe „aus heiterem Himmel“ zu Störfallbetrieben umdeklariert und von daher mit immensen Kosten und erheblichen Auflagen belastet werden. Darüber hinaus verursache der KAS-Leitfaden unübersehbare planungsrechtliche Folgen für bestehende wie auch für künftig geplante Anlagen.
Die Verbände kritisieren außerdem auch „unübersehbare handwerkliche Mängel“. In dem Verbändeschreiben wurden an ausgewählten Abfallschlüsseln zahlreiche inhaltliche Fehler aufgezeigt sowie fehlende Systematik, Nachvollziehbarkeit und Praktikabilität bemängelt. Die hohen und sachlich nicht gerechtfertigten Anforderungen, die an die betroffenen Unternehmen gestellt werden, seien gar nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand zu erfüllen. Das werde letztlich dazu führen, dass die Betriebe die jeweiligen Abfallschlüssel aus ihrem Annahmekatalog streichen. Dadurch kann es zu Entsorgungsengpässen bei den betroffenen Abfällen kommen.
Hintergrund:
Die Kommission für Anlagensicherheit (KAS) beim BMU hat im Arbeitskreis „Einstufung von Abfällen gemäß Anhang I der Störfall-Verordnung“ den gleichnamigen Leitfaden erarbeitet, der als Hilfestellung für die Zuordnung der Abfälle zu den Stoffkategorien der Störfall-Verordnung dienen soll.
Dieser Leitfaden stellt die folgenden drei Verfahren zur Einstufung von Abfällen gemäß den Stoffkategorien des Anhang I der Störfall-Verordnung abhängig von den jeweils vorliegenden Kenntnissen über die einzustufenden Abfälle dar:
1. Detailkenntnisse zur Abfallzusammensetzung liegen vor.
2. Kenntnisse über die auf den jeweiligen Abfall zutreffenden H-Kriterien liegen vor.
3. Lediglich die Abfallschlüssel gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) der jeweiligen Abfälle liegen vor.
Der Leitfaden umfasst die 405 in der AVV als gefährlich eingestuften Abfallschlüssel. Abfälle mit einem gefährlichen Abfallschlüssel wurden aufgrund vorliegender Erfahrungen der Behörden im Sinne eines Worst-case-Ansatzes den Stoffkategorien der Störfall-Verordnung zugeordnet. Liegen Kenntnisse über die Zusammensetzung des Abfalls vor, kann von diesen Vorgaben begründet abgewichen werden.
Unabhängig davon, dass der KAS-Leitfaden per se rechtlich nicht bindend ist, sondern grundsätzlich zunächst nur empfehlenden Charakter besitzen soll, handeln die Behörden vor Ort jedoch strikt nach den gelisteten Abfallschlüsselnummern des KAS-Leitfadens.