Recycling und Sekundärbaustoffe: Best Practice für eine nachhaltige Bauwirtschaft

Baustoff Recycling Forum 2024
Best Practice-Beispiele aus dem Bereich des Recyclings, des nachhaltigen Einsatzes von Sekundärbaustoffen und des regelkonformen Umgangs mit schadstoffbelasteten Böden, Bau- und Abbruchmaterialien stießen auf großes Interesse beim diesjährigen Baustoff Recycling Forum in Ingolstadt.

 

Vom Brecher in den Mischer…

Wie aus einer Idee des mittelständischen Recyclers Gutmann Erdbau Hainsfarth, in Zusammenarbeit mit dem BPI Öttingen ein gemeinsames Projekt entstand und sich schließlich zum Best Practise Beispiel für die Verwendung von Typ 3-Gesteinskörnungen in der Fertigeilherstellung entwickelte, veranschaulichte der stellvertretende Prüfstellenleiter beim Baustoffprüfinstitut, Stefan Schmid.

„Vom Brecher in den Mischer“ lautete die Projektaufgabe, die darin bestand, eine möglichst einfache Aufbereitungsweise zu finden, um RC-Mix Überhänge abzubauen und die darin enthaltenen wertvollen Natur- und Ziegelsteine möglichst hochwertig wieder in den Kreislauf zu bringen.

Nach mehreren Versuchen mit verschiedenen Einstellungen am Brecher gelang es den Projektpartnern schließlich, gemischten Bauschutt zu rezyklierten Typ-3 Gesteinskörnungen aufzubereiten, die sich unter Einhaltung aller Bau- und umwelttechnischen Anforderungen sowohl für die Herstellung von Betonsystemsteinen (sogenannten „Legosteinen“), für Treppen und Bänke, für Betonfertigteile im Innenbereich, oder für Sauberkeitsschichten als auch für Betonrückenstützen im Wege- und Pflasterbau einsetzen lassen.

Asbesthaltige Abfälle – Umsetzung in der Praxis

Die Aufbereitung schadstoffbelasteter Bau- und Abbruchabfälle sowie kontaminierter Böden zu Sekundärbaustoffen stellen hohe gesetzliche und technische Anforderungen an die Mineralik-Recyclingbranche. Das machte der Vortrag von Dipl.-Ing. Sandra Giern, Geschäftsführerin des Gesamtverband Schadstoffsanierung deutlich:
„Von den jährlich anfallenden, rund 60 Millionen Tonnen Bauschutt und rund 0,6 Millionen Tonnen Bauabfällen auf Gipsbasis sind ein nennenswerter Teil durch entsprechende Anhaftungen oder Bestandteile potenziell asbestbelastet“, erklärte die Referentin.

„Entsprechend groß ist das Interesse der Abfall- und Recyclingwirtschaft in Bezug auf eine einheitliche Vorgehensweise für den umweltfreundlichen und regelkonformen Umgang mit asbesthaltigen Bau- und Abbruchabfällen“, so Giern weiter. Denn nur durch eine anlassbezogene fachkundige Erkundungen, beispielsweise durch Probenahmen und Analysen, die schon vor der Baumaßnahme durchgeführt werden, kann sichergestellt werden, dass ausschließlich Materialien in das Recycling und die Verwertung gehen, die den in der neuen LAGA M 23 per Konvention für die Beurteilung als „Asbestfrei“ festgelegten relevanten Wert von < 0,010 M.% nicht überschreiten.

Den Rahmen für ein bundeseinheitliches Vorgehen nach dem Stand der Technik soll eben dieses neue LAGA Merkblatt M23 schaffen. Mit Ausnahme von Bayern, das, wie MDgn Dr. Monika Kratzer vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zuvor bekannt gab, eigene Regelung dazu über FAQs plant, wurde dieses Technische Regelwerk bereits in einigen Bundesländern eingeführt oder befindet sich in der sukzessiven Umsetzung.

Mit einigen praxisorientierten Anpassungen, beispielsweise zum Umgang mit Containern/Kleinmengen und in Verbindung mit einer novellierten Gefahrstoffverordnung sei die LAGA M23 für die Recycling- und Entsorgungsbranche grundsätzlich umsetzbar, erklärte Sandra Giern. Allerdings sei für die Branche existenziell, dass bei der Novellierung der Gefahrstoffverordnung eine Verpflichtung für den Bauherren bzw. Veranlasser zur Vorerkundung bzw. Untersuchung seiner baulichen Anlage auf Gefahrstoffe hin fest verankert wird.

Dass die Herausforderungen zum Umgang mit schadstoffbelastetem Material engagiert und mit hoher Innovationsbereitschaft von der Branche angenommen wird, zeigten auch die weiteren Vorträge des Baustoff Recycling Forums.

Erkundung und Separierung von asbesthaltigen Kleinbestandteilen im Beton

So zeigte der Betriebsleiter der Schlösser Grund- und Tiefbau GmbH, Thomas Schlösser, anhand unterschiedlicher Beispiele die technischen Möglichkeiten der praktischen Erkundung und Separierung von asbesthaltigen Kleinbestandteilen (z.B. Abstandshalter) im Beton auf.

„Sämtliche asbesthaltigen Kleinteile in Betonbauteilen müssen vor dem Abbruch detektiert werden, damit diese entfernt werden können und die restliche Mineralik einer Wiederverwertung zugeführt werden kann“, erklärte Schlösser. In der Zukunft wird dies auch robotergestützt möglich sein.

Aufbereitung von Böden und Bauschutt über Nassklassierung

Unterschiedliche Kontaminationen wie Schwermetalle, herkömmliche Organic wie PAK, MKW oder Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (sogen. PFAS) in Bodenaushub oder Boden-Bauschuttgemischen lassen sich über optimierte Verarbeitungsprozesse der Nassaufbereitung, der sogenannten Bodenwäsche entfernen.

„Diese Bodenwaschanlagen sind auch für KMU´s interessant und wirtschaftlich umsetzbar“, betonte Dipl.-Ing. Christoph Baier von CDE Europe. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Nordirland fertigt in zwei Werken auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasste, maßgeschneiderte Nassklassierungs-Anlagen, die Durchsatzkapazitäten von 30 bis 350 Tonnen pro Stunde erreichen können. Zudem sind unterschiedlichste Optionen für die Erweiterung der Anlagen, beispielsweise um zusätzliche Sortiertechniken, möglich.

Um die Qualität des Prozesswasser für die Waschleistung zu erhalten, ist die anschließende Aufbereitung des Prozesswassers unumgänglich erklärte Dr. Ing. Thomas Caro von Sarpi Remediation Deutschland GmbH, einem Unternehmen, dass sich u.a. mit der Konstruktion und dem Bau von Wasseraufbereitungsanalagen beschäftigt.

Die Klärung erfolge über Kiesfilter, Absorber und/oder Aktivkohlefilter. Für die breitgefächerten Anwendungsbereiche habe Sarpi ein flexibles und adaptierbares System entwickelt, welches mit wachsenden Aufgaben Schritt halten und ebenfalls durch diverse Komponenten erweitert werden kann, erklärte Caro.

Kritischer Schadstoff – wichtiger Rohstoff: Sulfat und das ENSUBA-Verfahren

Sulfat, bzw. Gips gilt als weiterer kritischer Schadstoff bei der Herstellung von Ersatzbaustoffen und verhindert die uneingeschränkte Verwendung im Straßen-, Erd- und Hochbau. Andererseits wird die Rückgewinnung dieses für die Bauindustrie unabdingbaren Rohstoffs, bei gleichzeitig schwindenden natürlichen Vorkommen, für eine zukünftige ausreichende Rohstoffversorgung immer notwendiger.

Eine Lösung hierfür könnte das im Fraunhofer IBP entwickelte ENSUBA-Verfahren sein. Dieses neue Verfahren ermöglicht, dass das Sulfat aus dem Materialstrom feinkörniger Recycling-Brechsande extruiert und somit neuer Gips als Rohstoff zurückgewonnen werden kann, veranschaulichte Dr. Sebastian Dittrich in seinem Vortrag. Erste Schritte zur industriellen Anwendung wurden bereits angestoßen. Zur Weiterentwicklung des Verfahrens seien die weitere intensive Zusammenarbeit und der Austausch mit Recyclingunternehmen, gerne auch als Projektpartner, sehr wichtig, so Dittrich.

Veröffentlicht: 01. August 2024, bvse e.V. Bonn